Vor allem nach dem 30-jährigen Krieg, durch den ganze Landstriche entvölkert waren, wurde Südwestdeutschland Einwanderungsland.
Ab 1650 wurden vor allem Glaubensflüchtlinge aus dem Alpenraum ins Land geholt: Protestanten aus Österreich, z.B. nach Freudenstadt; Waldenser aus Italien, z.B. nach Perouse; Hugenotten aus Frankreich; Juden, z.B. nach Mannheim u.a. Die Einwanderer waren willkommen zur Bevölkerung und Bearbeitung der durch den Krieg entvölkerten Landstriche; sie waren willkommen als Handwerker, Unternehmer und Händler in den Städten.
Auswanderung im 18. Jahrhundert:
Seit dem 18. Jahrhundert ändert sich das grundlegend. Die Bevölkerung wächst sehr stark. Durch die bäuerliche Realteilung in Württemberg werden die landwirtschaftlichen Anbauflächen ziemlich mager. Vor allem Wirtemberg ist eines der ärmsten Länder Europas (auch verstärkt durch die luxuriösen Bauten und Hofhaltungen der Herzöge, Fürstäbte, Grafen u.a.). Auswanderung scheint für viele die einzige Perspektive. Andere werden zur Emigration gezwungen. In großen Auswanderungswellen wandern viele Menschen aus Südwestdeutschland aus wirtschaftlichen, religiösen oder politischen Gründen nach Osteuropa oder Übersee:
Im 18. Jhdt. wirbt Habsburg eine große Zahl von Kolonisten für die schwach bevölkerten Donauländer an, die besonders im Banat siedeln. Der 1. Schwabenzug ist 1716 - 1738, der 2. große Schwabenzug unter Maria Theresia 1765 - 1771, der 3. unter Joseph II. 1783 - 1788. Insgesamt ziehen im 18. Jhdt. aus Südwestdeutschland etwa 150 000 Menschen in die Donauländer. Der Name "Donauschwaben" hat sich für sie eingebürgert, auch wenn es nicht nur Schwaben waren.
Auswanderung im 19./ 20. Jahrhundert:
Im 19. Jhdt. führen wirtschaftliche Gründe (Missernten und Hungersnöte 1816/17 und 1845 - 1857; Überbevölkerung, Armut und Perspektivlosigkeit in Württemberg und Baden), religiöse Gründe (Unzufriedenheit mit der landeskirchlichen Religiosität, die Prophezeiung des Wiederkommens Christi durch A. Bengel für das Jahr 1836 in Südrussland) und politische Gründe (vor allem die Freiheitsbewegung und Revolution 1848/49) zu großen Auswanderungen:
1803 wandert der fromme pietistische (und separatistische?) Schuster Rapp aus Iptingen nach Pennsylvanien / USA aus. 500 - 700 Schwaben folgen ihm, mit denen er die blühende Kolonien "Harmony" und "New Harmony" in Pennsilvania und Indiana gründet.
1816/17, zur Zeit der Hungersnöte, verlassen ca. 40 000 Bewohner Baden und Württemberg und wandern vorwiegend nach Amerika aus.
Aus politischen Gründen emigrieren in der Restaurationszeit zwischen 1819 und 1848 viele liberal, national, demokratisch oder kommunistisch Engagierte nach Frankreich (u.a. G. Herwegh), England (z.B. Freiligrath), in die Schweiz (u.a. J. Friedrich Kammerer) oder nach Nordamerika (z.B. Friedrich List).
1849 - 1855, nach der Niederlage der Freiheits- und Nationalbewegung und dem Ende der badischen Revolution müssen viele der politisch Engagierten das Land verlassen. In dieser Zeit emigrieren und wandern ca. 5 % der Bevölkerung im Gebiet Badens und Württembergs vor allem nach USA aus.
Um 1860 bis Ende des Jahrhunderts bleibt die Zahl der Auswanderer vor allem nach Übersee hoch. Manche der deutschen Auswanderer werden berühmt und reich.
Ende des Jahrhunderts beginnt auch Einwanderung nach Palästina: 1868 wird von Christoph Hoffmann in Ludwigsburg die pietistische Deutsche Tempel- Gesellschaft gegründet. Ihre Mitglieder wandern nach Palästina aus und erbauen dort eine Reihe von blühenden deutschen Kolonien, z.B. in Haifa.
Im 20. Jhdt. ist die größte Wanderungsbewegung die Emigration zur Zeit des Nationalsozialismus seit 1933: Emigration vor allem nach USA 1933 beginnt die Emigration aus Deutschland und die Masseneinwanderung deutscher Juden nach Palästina.
Zeitraum | Auswanderer | Historische Ereignisse |
Bis 1750 | 1.193 | |
1751-1800 | 5.286 | Französische Revolution, Ansiedlungspolitik Russlands und Österreichs |
1801-1810 | 3.432 | Auswanderung der Rappisten |
1811-1820 | 2.617 | Hungersnot 1816/17 |
1821-1830 | 2.302 | |
1831-1840 | 7.248 | Juli-Revolution 1830, Hambacher Fest 1832 |
1841-1850 | 19.241 | 1848 Märzrevolution in Deutschland, 1849 Reichsverfassungskampagne, Aufstände in Sachsen, der Pfalz und Baden; Tausende müssen nach dem Scheitern der demokratischen Revolution ihre Heimat verlassen und siedeln sich im "Land der Freiheit", in Nordamerika an. Dort nehmen sie aktiv teil am politischen Leben ihrer neuen Heimat und leisten einen wertvollen Beitrag zur Ausgestaltung des demokratischen Systems der Vereinigten Staaten von Amerika |
1851-1860 | 73.462 | Auswirkungen der 1848/49er Revolution; 1857 ökonomische Krise in Amerika |
1861-1870 | 31.149 | 1861-1865 Amerikanischer Bürgerkrieg |
1871-1880 | 22.549 | Gründung des Deutschen Reichs |
1881-1890 | 24.529 | Bismarcks Sturz |
1891-1900 | 11.327 | |
1901-1910 | 7.084 | |
1911-1920 | 5.139 | 1. Weltkrieg |
Nach 1920 | 7.642 |
Quellen:
1. Dr. Manfred Ebener (2000): "Kleines Lexikon zur Geschichte in Baden und Württemberg / Südwestdeutschland im Kontext der Deutschen Geschichte, philatelistisch unterstützt": URL: http://www.s-line.de/homepages/ebener/Auswanderung.htm [Stand: 30.03.2012]