Wanderungsbewegungen hat es immer gegeben, entweder aufgrund existenzieller Bedrohung durch Kriege oder Naturkatastrophen oder durch die Hoffnung auf bessere ökonomische Bedingungen in einem anderen Land.

Wanderungsbewegungen sind ein bedeutsamer Teil der europäischen Geschichte. Sie haben die Welt folgenschwer verändert. So sind große Teile der ehemaligen europäischen Kolonialgebiete, vor allem seit dem 19. Jahrhundert, durch Einwanderer geprägt worden. Diese Migranten veränderten die aufnehmenden Länder, brachen dort Gewohnheiten auf. beeinträchtigten politische Machtbalancen und erzwangen regelmäßig Anpassungen an die durch die Wanderungsströme gewandelten Gegebenheiten. Die Gründe, das jeweilige Herkunftsland zu verlassen, waren dabei vielgestaltig: Man entwich den Krisen des Alten Kontinents, der wirtschaftlichen Not, der autoritären Ordnung vieler Staaten, religiösen Reglementierungen, den Folgen von Kriegen und den vielfältigen Verfolgungen und Bedrängungen. Und ihre Heimat verabschiedete die Auswanderer oftmals kühl.

Auswandern

Mehr als fünf Millionen der europäischen Überseeauswanderer kamen aus Deutschland. Ihre große Mehrheit sollte zweifellos in die Vereinigten Staaten gehen, aber auch die südliche Hemisphäre stellte eine attraktive Alternative dar. Argentinien und Australien gehörten hier zu den bevorzugten Zielen, ebenfalls Brasilien und einige weitere kleinere Staaten. Je nach Aufnahmeland, je nach Planung und Organisation, je nach individuellen Entscheidungen variieren die Erfahrungen der Migranten. Und auch kollektiv verhielten sie sich unterschiedlich. Gegenüber der starken Assimilationskraft der angelsächsischen Länder, die eine schnelle Einschmelzung der deutschen Einwanderer zur Folge hatte, besaß Lateinamerika kein Pendant. Tatsächlich ist sogar eine gegenläufige Tendenz zu beobachten: Da die deutschen Einwanderer in der Regel die Kultur und Mentalität der Einheimischen als sehr fremd empfanden, schotteten sie sich gegen Assimilationstendenzen ab. Man schloss sich zu Gemeinschaften zusammen, in denen man nicht nur die Sprache pflegte, sondern auch das Miteinander sozial organisierte. Eheschließungen erfolgten weitgehend untereinander. Soweit es möglich war, wurden Beziehungen zur Heimat aufrecht erhalten. In dem Bewusstsein, mehr zu sein und mehr zu leisten, wachte man über die Exklusivität der eigenen Gemeinschaft.

Generell waren Deutsche im 19. Jahrhundert als Einwanderer hoch geschätzt. Einige Staaten unterhielten sogar Anwerbebüros, und als Argentinien in den achtziger Jahren enorm prosperierte, bezahlte die Regierung in Buenos Aires den Einwanderungswilligen aus Deutschland sogar die Überfahrt. Zum einen galten sie als tüchtig, ordnungsliebend und strebsam, zum anderen brachten sie über eine meist gute Ausbildung neue Kenntnisse und Methoden ins jeweilige Zuwanderungsland.

Das 20. Jahrhundert modifizierte diese Einschätzung jedoch. Die Politik des Deutschen Reiches und die beiden Weltkriege veränderten die öffentliche Wahrnehmung der Deutschen beträchtlich und nachhaltig. Den Einwanderern schlug nicht selten Misstrauen entgegen. Man unterstellte Mangel an aufrichtiger Integrationsbereitschaft, ja gar konspirative Tätigkeit als "Fünfte Kolonne". Selbst deutsche Juden, die vor dem Nationalsozialismus flohen, erlebten Ablehnung und Anfeindungen, wenngleich aus anderen Motiven.

Während der Zweite Weltkrieg die Migrationsströme unterbrach, hofften viele nach 1945 auf einen Neubeginn fern der verheerten Heimat. Millionen trugen sich nach 1945 in Anbetracht des Wohnungs-, Arbeits- und Nahrungsmangels mit dem Gedanken an Auswanderung nach Übersee. Deutschland war voller Entwurzelter, Vertriebener, Displaced Persons, Witwen, Waisen, und die Zukunft erschien angesichts von Demontage, Reparationsforderungen, Morgenthauplan und Kriegsangst nicht gerade rosig. Doch sie sollten enttäuscht werden. Die Auswanderung aus dem kriegszerstörten Deutschland wurde von den Alliierten kontrolliert, reglementiert und nach Möglichkeit unterbunden. Die Emigration wurde zu einem illegalen Akt, aber Zehntausende wählten diesen Weg, darunter Opfer wie Täter des Nationalsozialismus.

In den Jahrzehnten danach erhielt die Emigration einen anderen Charakter. Weniger politische Zwangslagen noch schiere wirtschaftliche Not trieb Auswanderungswillige an. sondern eine allgemeine Unzufriedenheit mit dem überzivilisierten, überregulierten Leben in Deutschland, das den Unangepassten kaum noch Freiräume gewährte. Und auch die Zielgebiete veränderten sich auf der Suche nach neuen Horizonten: Gegenüber Argentinien, das in der Rangliste deutlich zurückfiel, schob sich Australien in eine Spitzenposition.


Quellen:

1. Wikipedia: Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Auswanderer aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung (de)). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. [Stand 30.03.2012]

2. Sackstedt, Ulrich: "Weites grünes Land - Auswanderergeschichten aus Argentinien" : Welver: Conrad Stein Verlag GmbH, 2006