Klimaoptimum des Hochmittelalters

Das Bild einer hochmittelalterlichen Warmperiode wurde seit 1965 vor allem von dem englischen Historiker Hubert Lamb geprägt, der den Höhepunkt dieser Warmzeit zwischen 1000 und 1300 terminierte. Das Ausmaß der Erwärmung schätzte er auf ein bis zwei Grad über dem Mittelwert der Normalperiode von 1931 bis 1960. Diese Klimaphase mit warmen Sommern und milden Wintern, die im nordskandinavischen Raum sogar Werte von bis zu vier Grad über Normal erreichte, setzte sich mit regionalen Unterschieden offenbar bis in die Zeit um 1300 fort.

Neben direkten Klimadaten und schriftlichen Hinweisen (Urkunden, Chroniken) wurden in der Historischen Klimatologie vor allem Proxydaten ausgewertet, das heißt Ernteertragszahlen, Vereisungsbelege oder Hochwasserangaben. Im Allgemeinen werden sie in biologische (Getreideerträge, Baumringe etc.) und physikalische Daten (Vereisungsdaten, Wasserstände etc.) unterteilt. Die Unterschiede von Ernteerträgen, das Auftreten bestimmter Wetterphänomene oder die Qualität des Weines erregten schon im Mittelalter die Aufmerksamkeit vieler Zeitgenossen. Da die Sicherung der Ernährung und der wirtschaftliche Erfolg von solchen Ertragshöhen abhingen, registrierte man mit großer Sorgfalt die jährlichen Ernteergebnisse in Rechnungsbüchern. Aus ihnen lassen sich lange Listen und homogene Zeitreihen erstellen, die Aussagen zur Klimaentwicklung des Hoch- und Spätmittelalters erlauben.

Die hochmittelalterliche Warmzeit tritt markant hervor, wenn man die Klimadaten des Hochmittelalters mit denen der späteren Kleinen Eiszeit (14. bis 18. Jahrhundert) vergleicht. Die Forschungen haben ergeben, dass die hochmittelalterliche Epoche vom 11. bis 13. Jahrhundert durch eine signifikante Erwärmung der Durchschnittstemperatur um ein bis zwei Grad Celsius gekennzeichnet war, wobei regionale und zeitliche Unterschiede konstatiert wurden. Untersuchungen belegten, dass sich im Zeitraum zwischen 900 und 1300 die Gletscher auffallend zurückzogen. Der Klimahistoriker Pierre Alexandre kam nach einer systematischen Auswertung hochmittelalterlicher Quellen zu dem Ergebnis, dass sich eine überzeugende Dokumentation zur Klimaentwicklung erst seit dem 12. Jahrhundert erstellen lässt. Allgemein beobachtete er auffällige regionale Unterschiede, die sich während des Hochmittelalters insbesondere zwischen den Ländern nördlich der Alpen und den Regionen des Mittelmeerraumes zeigten.

Die Sommertemperaturen waren vom 11. bis zum 13. Jahrhundert überwiegend warm, wurden aber von Kaltphasen unterbrochen. Dabei verhielten sich die Niederschlagstendenzen häufig gegenläufig, da heiße Sommer in der Regel auch trocken waren. Zwischen 1261 und 1310 und in den Jahren nach 1321 traten in Mitteleuropa die längsten Phasen anhaltender Sommerwärme auf. Im Jahre 1342 kam es infolge ergiebiger Regenfälle zu einer gewaltigen Hochwasserkatastrophe: Durch Starkregen wurden in Süddeutschland viele Landschaften beeinträchtigt, Ernten zerstört und Flussbrücken hinweggerissen. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts begann eine Klimaphase, die durch kühlere Sommer, strengere Winter und ungünstige Ernteerträge gekennzeichnet war.